Bunker - Zivilschutzbauten der Vergangenheit

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Inhalt dieser Podcast-Folge

In dieser Folge sitzen wir bei der Aufnahme gut geschützt, tief unter der Erde. Wir sind zu Gast bei den „Hamburger Unterwelten“, im Tiefbunker Steintorwall, unter dem Hamburger Hauptbahnhof. Im Gespräch mit Dominic Bauer, der mit seinem Verein regelmäßig öffentliche Führungen durch die beeindruckende Anlage anbietet, erhalten wir einen spannenden Einblick in die Welt der Zivilschutzbauten in Hamburg. Wie wurden die Menschen versorgt? Gab es ausreichend Nahrung und Wasser? Wie sollte der Bunker vor einem atomaren Angriff schützen? Und wurde er jemals im Ernstfall genutzt? Auf alle diese Fragen erhalten wir fundierte antworten. Eine Podcast-Folge voller Faszination für den Zivilschutz der Vergangenheit, der neugierig aber auch nachdenklich macht.

Begriffe:

  • ABC-Schutz: Schutz vor Atomaren, Biologischen und Chemischen Gefahren

Links:

Hosts:

⁠Frank Nägler⁠  Manuel Behrenbruch

Einsatzbereit - Der Katastrophenschutz-Podcast

Transkription dieser Folge

Manuel Behrenbruch | 00:00:00 Also Hamburg hat, für die, die es nicht wissen, so knapp zwei Millionen. Ich weiß nicht, es waren in den 80ern jetzt auch nicht sonderlich viele weniger. Welche Rolle hat denn dann der Bunker gespielt? Ich meine, das klingt erstmal viel, aber... Da passen auch nicht viele Hamburger wieder rein.

Dominic Bauer | 00:00:16 Also die Rolle der Anlage im Kalten Krieg ist eine gute Frage. Ich würde einfach sagen, es war so eine Beruhigungspille gewesen. Man hat so Informationen heute, dass man von 4,6, 4,7 Prozent der Hamburger Bevölkerung spricht, die man hätte schützen können in den Anlagen im Kalten Krieg. Viel mehr wäre dann auch nicht gewesen. Einsatzbereit. Der Katastrophenschutz-Podcast. Ehrenamtlich. Freiwillig. Verantwortlich. Mit

Manuel Behrenbruch | 00:00:56 Frank und Manuel. Einsatzbereit, der Katastrophenschutz-Podcast. Ich bin Manuel.

Frank Nägler | 00:01:01 Und ich bin Frank. Hallo zusammen.

Manuel Behrenbruch | 00:01:03 Wir sind heute mal an einem anderen Ort. Also wir haben uns schon länger verraten, dass wir gerne bei mir im Esszimmer sitzen mit unseren Gästen. Und heute hat es uns mal woanders hin verschlagen. Heute sind wir tief unter der Erde. Da sagt unser Gast gleich aber nochmal was zu. Und thematisch wird es heute im weitesten Sinne um den Zivilschutz, um Zivilschutzbauten gehen in Zeiten des Kalten Krieges. Ich glaube, das passt so.

Frank Nägler | 00:01:26 So ist unser Plan und ich bin sehr gespannt, was unser Gast dazu zu sagen hat.

Manuel Behrenbruch | 00:01:29 Super spannend wird das, ich bin mir wirklich sicher. Alleine dieser Ort ist schon verheißungsvoll, da werden wir gleich noch mehr drüber erfahren. Wir haben bei uns oder sind quasi zu Gast bei Dominik Bauer. Dominik ist 34 Jahre alt, ist Hamburger und der ist seit 2019 Mitglied im Verein Hamburger Unterwelten. Dominik, schön, dass wir bei dir sein dürfen.

Dominic Bauer | 00:01:47 Ja moin, willkommen.

Manuel Behrenbruch | 00:01:49 Wo sind wir hier?

Dominic Bauer | 00:01:50 Ja, wir sind heute neben dem Hauptbahnhof in Hamburg, genau genommen irgendwo in der Unterwelt, in Hamburg, nämlich im Tiefburger Steintorwall, wo wir auch Führung anbieten. und genau.

Manuel Behrenbruch | 00:02:00 Es ist quasi dann ein Zivilschutzbunker.

Dominic Bauer | 00:02:02 Genau, eine Zivilschutzanlage aus dem Zweiten Weltkrieg.

Manuel Behrenbruch | 00:02:06 Da wollen wir gerne gleich nochmal mehr drüber erfahren, aber es soll auch ein Stück weit um dich gehen, beziehungsweise wir wollen mal ein bisschen wissen, wer bist du eigentlich, wer ist eigentlich der Dominik, der uns jetzt hier heute in dieser Folge begleitet. Das macht Frank, wie immer.

Frank Nägler | 00:02:17 Genau. Das werden wir mit unserer Schnellantwortrunde jetzt ganz schnell herausfinden. Bist du bereit?

Dominic Bauer | 00:02:21 Ja, ich bin bereit, so wie das geht.

Frank Nägler | 00:02:23 Ja, dann fangen wir direkt an. Obst oder Gemüse?

Dominic Bauer | 00:02:26 Gemüse.

Frank Nägler | 00:02:28 Also eher der süße Typ?

Manuel Behrenbruch | 00:02:29 Ja. Nee, Gemüse ist doch nicht süß. Was? Obst ist doch süß.

Frank Nägler | 00:02:32 Ach stimmt.

Dominic Bauer | 00:02:33 Stimmt.

Manuel Behrenbruch | 00:02:34 Gibt man sicherlich auch süßes Gemüse, aber...

Frank Nägler | 00:02:37 Wollte grad sagen, ich esse nur süßes Gemüse.

Manuel Behrenbruch | 00:02:38 Eher der gesunde Typ, so. Ja. Weiter.

Frank Nägler | 00:02:41 Okay, Komödie oder Horrorfilm?

Dominic Bauer | 00:02:43 Komödie.

Frank Nägler | 00:02:45 Hast du eine Lieblingskomödie? Fällt dir spontan was ein oder irgendwelche...

Dominic Bauer | 00:02:48 Ich weiß nicht, meiner Frau.

Manuel Behrenbruch | 00:02:50 Also ich finde, in unserer Location könnte man eher Horrorfilme als Komödien drehen. Das ist schon... Bisschen spankig, oder? Ich hab dauernd Angst, dass jemand... die Tür reinkommt, aber wenn hier jemand reinkommt, wäre es halt echt komisch.

Frank Nägler | 00:03:00 Ich hätte eher Angst, dass man mich hier unten vergisst oder so.

Dominic Bauer | 00:03:03 Wir haben Samstag wieder Führung. Dann verharrt ihr.

Frank Nägler | 00:03:06 Wunderbar. Bis dahin überlebe ich. Neubau oder Altbau?

Dominic Bauer | 00:03:11 Neubau.

Frank Nägler | 00:03:12 Obwohl wir hier in einem sehr alten Gebäude sind.

Dominic Bauer | 00:03:13 Ja, aber ich wohne in einem Neubau. Ist netter als ein Altbau. Ist ruhiger.

Frank Nägler | 00:03:18 Sehr schön. Wo in Hamburg wohnst du eigentlich?

Dominic Bauer | 00:03:20 Neugraben. Ah,

Frank Nägler | 00:03:21 cool. Ketchup oder Mayo?

Dominic Bauer | 00:03:24 Mayo. Auf jeden Fall.

Manuel Behrenbruch | 00:03:25 Ist alles sehr spontan. Ja,

Frank Nägler | 00:03:26 aber top. Ich wäre auch Mario. Du bist Ketchup, oder?

Manuel Behrenbruch | 00:03:30 Ich bin immer anders als du, weißt du doch.

Frank Nägler | 00:03:31 Ja, eben. Also du bist Ketchup.

Manuel Behrenbruch | 00:03:32 Aus Prinzip schon.

Frank Nägler | 00:03:33 Ja, vielleicht sollen wir unseren Podcast umwenden in Ketchup und Mario. Ja, genau. Letzte Frage. Buch oder Film?

Dominic Bauer | 00:03:39 Eher Buch. Tatsächlich. Und dann Geschichtsbuch oder ein bisschen Historie. Ja.

Frank Nägler | 00:03:44 Habe ich das tatsächlich schon vermutet.

Manuel Behrenbruch | 00:03:46 Ja, wenn man sich hier so umguckt. Also es ist ja nun mal kein Bild hier in so einem Podcast. Aber wenn ich mich umdrehe. Wir sitzen hier. Dominik, du kannst es auch gleich. Vielleicht gerne nochmal ausführen. Ich habe das Gefühl, in einer kleinen Bücherei zu sitzen. Also wir sitzen ja hier in einem Bunker, so das haben wir jetzt ja verraten, in einem kleinen Raum. Ich versuche das hier mal ein bisschen zu beschreiben. Wir haben kahle Betonwände. Es ist logischerweise ungemütlicher drin. Es ist nicht sonderlich warm. Es ist schon dieser Bunkerscharm, der euch hier umgibt. Und ich sehe ganz viele Bücher.

Dominic Bauer | 00:04:15 Ja genau. Das ist unsere kleine Vereinsbibliothek, die wir uns über die Jahre aufgebaut haben. Die ist frei zugänglich für alle Vereinsmitglieder. können hierher kommen, können den Büchern schmökern oder auch Bücher ausleihen, wenn sie irgendwas machen. Wir haben ja auch Studenten bei uns, die ihre Arbeiten schreiben.

Manuel Behrenbruch | 00:04:32 Und das machst du auch? Also bist du hier manchmal und liest? Also wenn ich die Bücher sehe und die Titel, ich würde hier einige Bücher lesen wollen.

Dominic Bauer | 00:04:39 Ich bin sogar in der AG-Bibliothek und betreue das Ganze sogar. Also man hängt hier doch häufiger mal, ja. Ja,

Manuel Behrenbruch | 00:04:44 glaube ich. Sind das auch Bücher, die es sonst gar nicht mehr so viel gibt? Weil es sieht auch so aus.

Dominic Bauer | 00:04:49 Also wir haben tatsächlich ein paar Raritäten. Wir haben hier quasi, um das mal weiter auszuführen, quasi neben dir den großen Stahlschrank. Da sind unsere Heiligtümer drin.

Manuel Behrenbruch | 00:05:00 Das ist abgeschlossen. Genau. Große Schloss davor.

Dominic Bauer | 00:05:02 Genau, das sind unsere Heiligtümer. So Sachen, Originalbücher aus dem Zweiten Weltkrieg. Also Zigarettenheftchen und diverse andere Sachen.

Manuel Behrenbruch | 00:05:12 Okay. Wollen wir doch mal anfangen, über diesen Bunker zu reden. Also wir sind jetzt in einem Zivilschutzbunker. Und der war jetzt für die Zeit des Kalten Krieges gedacht. War das richtig?

Dominic Bauer | 00:05:22 Ja, auch. Und ursprünglich mal tatsächlich für den Zweiten Weltkrieg. Okay. Da ist er auch gebaut worden. Angefangen 1941 mit beiden Hälften begonnen. Wir haben eine Südhälfte, eine Nordhälfte. Die sind baulich komplett voneinander getrennt, sodass die, ja im Ernstfall sozusagen auch, wenn eine ausfallen sollte, aus welchen Gründen auch immer, man immer noch ein Backup hat in der Hand. 1943 fertiggestellt tatsächlich dieses Jahr, äh 1943 fertiggestellt diese Hälfte hier, wo wir sind. Und die Nordhälfte war dann bei den großen Grimoche-Angriffen im Sommer 1943 gerade eine Holzverschalung. Da ist mehr Brandbomben reingefallen, komplett ausgebrannt, musste neu gemacht werden. Ja, und dann hat man den da 1944, Ende 1944 fertiggestellt, den Notfall. Wo damit auch der Bevölkerungsschutz, wobei der gar nicht so als öffentlicher Bunker gedacht war, mal ganz ursprünglich, sondern Grundidee war, das ist ein Reichsbahnbunker gewesen. Das heißt, wir hatten hier drin die Fahrleittechnik oder die Fahrtechnik gehabt für den Hauptbahnhof. Wir haben... Hier unten Betten gehabt für Lokführer. Wir hatten den Fahrdienstleiter vom Hauptbahnhof hier sitzen. Also das war quasi der Ursprungsnutzen dahinter.

Frank Nägler | 00:06:30 Und damit man so ein Gefühl dafür kriegt, für wie viele Menschen war dieser Bunker gedacht?

Dominic Bauer | 00:06:35 Im Zweiten Weltkrieg wissen wir das nicht, haben wir keine Aufzeichnung für bekommen.

Manuel Behrenbruch | 00:06:40 Und später, im Kalten Krieg?

Dominic Bauer | 00:06:41 Im Kalten Krieg insgesamt für 2500 Menschen roundabout.

Manuel Behrenbruch | 00:06:47 Also Hamburg hat, für die, die es nicht wissen, so knapp zwei Millionen. Ich weiß nicht, es waren in den 80ern jetzt auch nicht sonderlich. Viele weniger. Welche Rolle hat denn dann der Bunker gespielt? Ich meine, das klingt erstmal viel, aber da passen auch nicht viele Hamburger wieder rein.

Dominic Bauer | 00:07:00 Ne, also die Rolle der Anlage im Kalten Krieg ist eine gute Frage. Ich würde einfach sagen, es war so eine Beruhigungspille gewesen. Man hat so Informationen heute, dass man von 4,6, 4,7 Prozent der Hamburger Bevölkerung spricht, die man hätte schützen können in den Anlagen im Kalten Krieg. Viel mehr wäre dann auch nicht drin gewesen.

Frank Nägler | 00:07:20 Das ist nicht viel.

Dominic Bauer | 00:07:21 Ne.

Manuel Behrenbruch | 00:07:22 Aber jetzt in allen Bunkern verteilt.

Dominic Bauer | 00:07:24 Genau, in allen Bunkern in Hamburg gegeben hat.

Manuel Behrenbruch | 00:07:29 Und die Frage der Frage ist wahrscheinlich, du bietest ja auch Führungen an und bin mir sicher, dass jedes Mal diese Frage gestellt wird, wurde der Bunker jemals genutzt oder wurde er nur vorbereitet?

Dominic Bauer | 00:07:39 Also im Zweiten Weltkrieg, wie gesagt, wurde er auf jeden Fall genutzt. Es gibt Berichte darüber, dass es auch sogar bei einer Massenpanik oben an dem Eingang sogar mehrere Tote gegeben hat. Also der wurde auch genutzt. Zu Zeiten des Kalten Krieges tatsächlich nur ein einziges Mal, nämlich bei der Schneekatastrophe. Ja, und ansonsten tatsächlich nur in der Vorbereitung, weiß man was sein sollte. So der angesagte Weg. Man hat 1958 angefangen zu sagen, hey, naja, wir sollten vielleicht mal wieder anfangen, die Bevölkerung zu schützen. Davor hat man auch eigentlich noch nichts mehr gemacht, großartig. Schon bedingt durch den Zweiten Weltkrieg, da haben auch die Alliierten drauf gedrängt. Das Motto war, wer seine Bevölkerung nicht schützen kann, der fängt auch keinen Krieg an. Das heißt, alle Schutzbauwerke, größere 100 Schutzplätze, werden unbrauchbar gemacht. Sprengen, Löcher reinschneiden, irgendwas machen, dass er nicht mehr genutzt werden kann. Man hat dann schnell aber vom Senat aus gesagt, hey, wir brauchen die Bunker, denn die Menschen erfrieren auf offener Straße im Winter. Wo sollen sie auch hin? Die haben keine Häuser mehr. Ja, und so sind die Anlagen erhalten geblieben, wurden tatsächlich genutzt. Das Bauwerk hier tatsächlich als Hotel, um erstmal wieder Hotelbetten zur Verfügung zu stellen. Das ist der Aufwand,

Frank Nägler | 00:08:46 das wusste ich auch noch nicht. Und ja,

Dominic Bauer | 00:08:47 1958 dann Zivilschutzgesetz wieder ans Leben gerufen. Wir wollen die Bevölkerung wieder schützen. Ab 1961 hat man dann angefangen zu gucken, was haben wir denn eigentlich noch an Substanz, an Material, was wir nutzen könnten, was wir ertüchtigen können, dass wir im Atomkrieg wieder Leute schützen können. Und so hat man auch das Bauwerk hier begangen. 1963 angefangen, als wir alles rausreißen, was hier drin war. Und dann im Anschluss 1969 war das Bauwerk dann fertiggestellt und stand dann zur Verfügung.

Frank Nägler | 00:09:18 Hatte ich das eben richtig verstanden, dass der Bunker auch als Notunterkunft genutzt wurde im kalten Winter?

Dominic Bauer | 00:09:24 Genau.

Manuel Behrenbruch | 00:09:24 Bei der Schneekatastrophe?

Dominic Bauer | 00:09:25 Genau, bei der Schneekatastrophe. 1978, 1979 glaube ich war die. Da hat man tatsächlich beide Bunkerhäften geöffnet, hat hier für fünf Tage Menschen untergebracht, die Betten zur Verfügung gestellt. Das Rote Kreuz hat Lebensmittel bereitgestellt. Der NDR hat sich auch nicht nehmen lassen, eine kleine Reportage darüber zu drehen. Die kenne ich nicht.

Manuel Behrenbruch | 00:09:46 Die muss ich gucken. Shownotes, oder wie nennst du das immer? Ja,

Frank Nägler | 00:09:49 das packen wir raus und packen die Shownotes.

Manuel Behrenbruch | 00:09:53 Und wie ist so ein Bunker dann? Also wofür ist der ausgestattet? Man muss ja von irgendeinem Szenario ausgehen, irgendein gewisser Zeitraum. wie die Menschen hier drin leben können, mit irgendwas, mit medizinischer Versorgung, mit Nahrung, Wasser, was auch immer. Also wie war da der Plan?

Dominic Bauer | 00:10:08 Ja, die Zeit hat sich immer ein bisschen weiterentwickelt. Wir sind jetzt hier in der Anlage aus den 60er Jahren, in einer Zeit, wo die Doktrin galt, Atomkrieg ist führbar und gewinnbar, auf jeden Fall. Das heißt, man hat auf jeden Fall geplant, dass man eine Vorlaufzeit hat, bis es dann der große Knall kommt von sechs Monaten, wie man auch immer auf diese Zahl gekommen ist. Danach, oder in diesen sechs Monaten, sollte die Anlage dann einsatzbereit gemacht werden. Das heißt, Lebensmittel reingebracht werden aus den Zentrallagern. Man wollte dann gucken, dass man die technischen Störungen an der Anlage weitestgehend beseitigt bekommt. Dass man einen Bunkerwart auch wirklich hat, der dann das Bauwerk als oberster Boss betreut. Weil sonst in Friedenszeiten war er immer für drei bis vier Bauwerke zuständig. Das reicht natürlich nicht. Ja, und dann hätte es eine Spannungsphase von fünf bis zehn Tagen geben sollen. wo dann der Bunkerwart hier unten gewesen wäre mit seinen Geschossaufsichten, die für jede Etage zuständig sind, und dann gewartet hätten, dass dann über das Warnamt die Info kommt, hey, jo, wir gehen davon aus, in Hamburg geht gleich die Atombombe runter, ähm, wird man sagen, wir machen die Sirenen mal an und lassen die Leute mal ins Bauwerk rein. Und dann war der große Plan gewesen, dass die Leute sich hier ursprünglich mal 30 Tage aufhalten, ähm, das heißt also, wir hätten Lebensmittel für 30 Tage, Luft. Filterung, dass wir keine, also ein ABC-Filter drin, dass wir hier nicht Probleme kriegen. Und ja, dann hat man 1976 in der Zeit, wo wir die große Wirtschaftskrise hatten, gesagt, naja, es ist ein bisschen schwierig, 30 Tage alles vorzuhalten, es ist ziemlich teuer, wir haben kein Geld mehr. Naja, wir reduzieren mal auf 14 Tage, im Amtsdeutsch, wie das so schön heißt, nach 14 Tagen ist ein zügiges Evakuieren möglich. Bedeutet nichts anderes, als man hätte 36 Stunden Zeit, in nicht verstrahltes Gebiet reinzukommen. um dann nicht an der Strahlenkarte zu sterben. Wo das dann auch immer gewesen wäre und wie man da hingekommen wäre, das wäre dann sehr fraglich gewesen oder hätte jeder selber gucken müssen. Ich sage mal, bei zerstörter Infrastruktur einmal nach Harburg, das wird schwierig mit Nord-und Südelbe dazwischen. Aber das war der große Plan. Und ja, dementsprechend haben wir auch alles hier. Wir haben das, was man zum Überleben halt braucht. Primitives Überleben ist das Zauberwort. Das heißt, wir haben Wassermöglichkeiten, wir haben Lebensmittel, wir haben... Die notwendigste Ausstattung für die Hygiene, das heißt ein bisschen Kernseife, ein Handtuch und ein Essnapflöffel, das ist das Wesentliche.

Frank Nägler | 00:12:36 Das Nötigste halt.

Dominic Bauer | 00:12:37 Das Nötigste, genau. Toilettenpapier, das Allerwichtigste. Nach Statistik berechnet, so wie es in Deutschland gehört.

Frank Nägler | 00:12:46 Natürlich gibt es eine Statistik darüber, wie viel Klopapier man verbraucht.

Dominic Bauer | 00:12:49 Ja, 1963 waren das 17,4 Blatt pro Tag. Darauf rechne ich meinen Bedarf dann einfach aus. Moment,

Manuel Behrenbruch | 00:12:55 was? 17,4 Blatt? Toilettenpapier.

Frank Nägler | 00:12:59 Genau.

Dominic Bauer | 00:12:59 Pro Tag, ja.

Frank Nägler | 00:13:00 Und wie viel ist das heute?

Dominic Bauer | 00:13:01 Heute wird das glaube ich in Kilo gewogen. Ich glaube, wir sind irgendwo bei 55 Blatt oder sowas.

Manuel Behrenbruch | 00:13:07 Ich hätte nicht am Anfang der Folge gedacht, dass wir über Toilettenpapier verbrauchen. Das fasziniert mich gerade. Das ist halt natürlich in Summe alles überhaupt gar kein lustiges Thema. Das muss man ja ehrlicherweise auch mal sagen. Aber ja, schon spannend.

Frank Nägler | 00:13:18 Aber es ist typisch deutsch, dass es eine Statistik darüber gibt, wie viel Klopapier ein Mensch verbraucht.

Dominic Bauer | 00:13:24 Ja. Aber für so eine Anlage unabdingbar. Absolut. Gerade wenn man hier ein paar Tage plant.

Manuel Behrenbruch | 00:13:30 Man hat ja auch in der Corona-Zeit gesehen, was die Leute am meisten befürchten, was ausgehen könnte.

Frank Nägler | 00:13:34 Das Klopapier.

Manuel Behrenbruch | 00:13:35 Das Klopapier.

Dominic Bauer | 00:13:36 Natürlich. Das steht ja auch in den Ausstattungsbedingungen drin, die man zu Hause haben sollte, an zweiter Stelle. Klopapier. Das kennt jeder, das hat jeder, weiß wo er das kriegt. Das macht es einfach und es nimmt wenig Platz weg. Also wenn da drin steht, pro Person, pro Tag soll man drei Liter Wasser vor Gerät halten für zwei bis drei Wochen. Ich wüsste in meiner Wohnung auch nicht, wo ich das hinstellen soll.

Frank Nägler | 00:13:54 Das ist richtig, ja, das ist schwierig.

Dominic Bauer | 00:13:55 Das Klopapier einfacher.

Frank Nägler | 00:13:56 Aber da hat das BBK ja auch interessante Unterlagen und Vorschläge, was und wie viel man… Ich glaube 150 Punkte sind das,

Dominic Bauer | 00:14:05 ne?

Frank Nägler | 00:14:06 Das ist eine ziemlich große Liste, ich habe sie tatsächlich auch abgearbeitet.

Manuel Behrenbruch | 00:14:09 Frank ist der einzige Mensch, den ich kenne, der wirklich seinen Vorrat zu Hause nach dieser Liste…

Frank Nägler | 00:14:13 Genau, aber wir wollen da gar nicht so viel zu verfolgen.

Manuel Behrenbruch | 00:14:15 Ich weiß, es kommt eine eigene Folge.

Frank Nägler | 00:14:17 Könnten wir da bald eine eigene Folge zu machen.

Manuel Behrenbruch | 00:14:20 Zurück zum Toilettenpapier. Ja.

Dominic Bauer | 00:14:22 Genau, was wir nicht vorgebreitet haben hier in der Anlage und allgemein nicht vorgeplant war, ist auf jeden Fall Duschen gibt es nicht. Das heißt, man braucht 14 Tage nicht duschen, das ist nicht zum Überleben notwendig. Ja, und das ist eigentlich so das Wesentliche. Medizinische Versorgung ist recht einfach gehalten.

Manuel Behrenbruch | 00:14:38 Aber es gab sie.

Dominic Bauer | 00:14:39 Es gab sie.

Manuel Behrenbruch | 00:14:39 Also es war schon ein Thema.

Dominic Bauer | 00:14:40 Nein, es war Erste Hilfe, sagen wir es mal so ganz knallhart. Erste Hilfe heißt, man hat gehofft, also allgemein gehofft, dass hier Leute sind, die Ahnung von dem haben, was hier läuft, sei es was den Notstromaggregat angeht. Dass er den bedienen kann irgendjemand, ähm...

Manuel Behrenbruch | 00:14:55 Das heißt, es war gar kein Personal? Also du hast eben von dem Bunkerwart gesprochen. Der ist ja jetzt wahrscheinlich kein Mediziner und kein Techniker.

Dominic Bauer | 00:15:01 Genau, der sollte nur gucken, dass, der war die Aufgabe, für Recht und Ordnung zu sorgen unter den verzweifelten Menschen.

Manuel Behrenbruch | 00:15:07 Und das war das Einzige, was an Personal vorgeplant war. Genau.

Dominic Bauer | 00:15:10 Und eben die Schossaufsichten, die so ein bisschen unterstützen sollten. Aber Techniker hat man gehofft, genauso wie Ärzte, die sollen dann unter den Schutzsuchenden mit dabei sein. Das war die große Hoffnung.

Frank Nägler | 00:15:19 Das ist natürlich nochmal ganz spannend. Du hattest ja vorhin auch gesagt, dass dieser Bunker für eine bestimmte Personengruppe... dass es Reichsbahn gesagt vorgesehen war. Gibt es denn da auch Mediziner unter den Reichsbahnmittern?

Dominic Bauer | 00:15:30 Im Zweiten Weltkrieg war es wahrscheinlich anders gewesen. Aber Kalter Krieg tatsächlich war es ja dann auch öffentlichkeitswirksam gewesen. Das heißt, also hätte jeder reinkommen dürfen, da wir keine Überlegung zulassen dürfen wegen den 14 Tagen. Natürlich haben wir vorne eine Dosieranlage, wo wir die Leute dosieren und zählen.

Manuel Behrenbruch | 00:15:46 Das Wort klingt irgendwie fies in dem Kontext, eine Dosieranlage.

Dominic Bauer | 00:15:49 Naja, es ist das nette Wort. Die Berliner nennen das spöttisch Bürgerpresse. Ich glaube, das umschreibt auch ganz gut die Funktion. Denn wenn die Belegung erreicht ist, wird die Tür zugemacht, egal wer davor steht und egal wie viele tausend Menschen drücken.

Frank Nägler | 00:15:59 Das heißt es wurde tatsächlich, wer zuerst kommt, malt zuerst, der durfte rein, der Rest hat recht gehabt.

Dominic Bauer | 00:16:04 Wobei man natürlich die Frage auch immer stellen muss, wie weit hätte das funktioniert. Ich meine, wenn sechs Monate vorher wissen einige Leute Bescheid, dass sie hier die Bunker aktiviert werden und bereit gemacht werden, Politiker, die Bunkerwatte selber, Leute aus dem Katastrophenschutz, die hätten offiziell mit ihren Familien gar nicht sprechen dürfen über das Thema, dass die Bunker aktiviert werden. wie unrealistisch ist das, sie sitzen abends beim Abendbrot mit ihren zwei Kindern und ihrer Frau und dürfen nicht erzählen, dass sie in sechs Monaten verdampfen. Also das ist ein sehr schwieriges Thema, wie man das sich vorgestellt hat.

Manuel Behrenbruch | 00:16:34 Aber das heißt, es war nicht definiert, welche Menschen hier sind. Das war also wirklich Zufall. Wer zuerst kommt,

Dominic Bauer | 00:16:40 bekommt. Ja, wer zuerst kommt. Und wer es halt als erstes schafft, durchs Tod zu kommen.

Manuel Behrenbruch | 00:16:46 Das macht nachdenklich, ne?

Frank Nägler | 00:16:47 Ja, ich höre schon. Aber so ist die Realität.

Dominic Bauer | 00:16:51 Ja, man ist dann weiterentwickelt. Wenn wir mal ein bisschen mit unserem Bauwerk hier weggehen, 70er Jahre hat man dann gemerkt, die Planung ist vielleicht jetzt doch nicht so das Optimum, dass man hier alle gesund und munter in den Bauwerk reinkriegt. Das heißt, was wir hier nicht haben, ist eine Dekondemnationsstation, also keine Duschen in der Schleuse. Das ist dann ab 70er Jahre Standard geworden. Wie auch, wenn man hier mit der Anlage unterwegs ist, auch auf Feld. Wir haben höchstens zwei Betten für medizinische Notfälle. Mit den Anlagen aus den 70ern sind es dann schon doch deutlich mehr geworden. weil man davon ausging, okay, hier kommen auch einige rein mit Verletzungen. Also da müssen wir dann auch mehr medizinische Leistung liefern. Also das hat sich dann auch schon ein bisschen geändert. Und ab 80 hat man gar nichts mehr gemacht. Man hat noch gebaut, aber leere Bunker hingestellt.

Manuel Behrenbruch | 00:17:35 Du sagst, es gab jetzt keine Duschen. Was gab es denn? Also wie muss man sich denn so den Aufbau des Bunkers vorstellen? Das ist ja jetzt eigentlich ein großer Raum. Sondern wir sind jetzt so fünf Minuten durch diesen Bunker gelaufen. Ich würde, glaube ich, schon nicht mehr zurückfinden. Ich habe ein paar Treppen gesehen, ich habe viele Räume gesehen, ich habe Sitzplätze gesehen. Was gibt es denn hier so?

Dominic Bauer | 00:17:53 Ja, also wir haben nach dem, was im Zivilschutz festgelegt wurde, auf jeden Fall eine Zweidrittel-Eintrittelbelegung. Das heißt Zweidrittelsitzplätze, Eintrittel-Liegeplätze. Daraus resultiert erstmal die Hauptausstattung des Bauwerks. Das heißt, wir haben hier für Zweidrittel der Schutzsuchenden Sitzplätze. Das heißt, man sitzt hier 16 Stunden auf Holzstühlen. Und acht Stunden darf man sich da mal ein Bett legen. Die Bettenräume sind so ein bisschen aus dem historischen Kontext entstanden, wie die Raumaufteilung im Zweiten Weltkrieg war. Da sind dann halt Bettenräume eingerichtet worden, wo man sich reinlegen hätte können. Oder hätte reinlegen können, ist frei, wo man sich reinlegen kann. Und dann hätte man nach acht Stunden das Bett geräumt und den nächsten hingelassen. Freiwillig. Also da gab es keine Planung, dass da irgendjemand rumgeht und sagt, so jetzt ist Bettenwechsel oder so.

Frank Nägler | 00:18:38 Also kein Schichtsystem.

Dominic Bauer | 00:18:40 Nee, das sollte freiwillig funktionieren. Dann haben wir hier natürlich Toilettenanlagen ausgelegt pro Etage für 450 Personen. Mehr Frauen als Männer, logischerweise, die Männer sind ja an der Front. Belegungsplanung so 70-30 war immer so angenommen worden, 70% Frauen, 30% Männer. Und dann haben wir noch eine Küche, da hätte es dann hier Fertignahrung gegeben, hätte ich fast gesagt. Zu Beginn hätte es Dossensuppen gegeben, später dann so eine Notrationsverpflegung. Und da hätte man vier Mahlzeiten am Tag bekommen sollen.

Frank Nägler | 00:19:11 Gibt es bestimmt auch eine Statistik, wie viele Toiletten man pro Person braucht, oder?

Dominic Bauer | 00:19:17 Ja, wir haben, soweit ich das weiß, pro 50 Schutzsuchende eine Toilette vorgesehen. Genauso wie den Leichensack, auch pro 50 Schutzsuchende einen

Manuel Behrenbruch | 00:19:25 Leichensack. Also gibt es auch eine Vorkehrung für Leichen und einen Raum wahrscheinlich dafür?

Dominic Bauer | 00:19:30 Klar nicht, nein. Wir haben eine Schleuse. Schleusentür innen auf, also innere Schleusentür auf, äußeres ja eh zu, dann kommt auch nichts rein von draußen. Und dann Leiche einfach in die Schleuse legen. Müll dazustellen, Tür wieder zu, fertig. Das wäre aber nicht geplant. Wäre auch nicht irgendjemand mit Namen erfasst worden, das wäre alles anonym geblieben. Also hätte sich keinem mehr dafür interessiert.

Manuel Behrenbruch | 00:19:52 Und jetzt hatten wir eben ja schon... Personal gibt es nicht, also man hofft, dass jemand dabei ist, der das alles kann. Also gab es auch keine Köche, die hier standen und gesagt haben, so jetzt gibt es hier was zu essen, sondern auch das sollte in Eigenregie organisiert werden.

Dominic Bauer | 00:20:04 Genau, das sollte sich organisieren, wobei eine Alu-Verpackung aufreißen und in warmes Wasser schmeißen, das kriegt glaube ich… Ja,

Manuel Behrenbruch | 00:20:11 aber es muss ja organisiert werden, es muss ja vielleicht auch rationiert werden, sonst kommt der Erste und isst alles auf einmal. Also das ist jetzt übertrieben ausgedrückt, aber vielleicht muss man das ja schon ein bisschen steuern, auch die Essensausgabe. Aber das würde dann…

Dominic Bauer | 00:20:23 Die Küche ist abgeschlossen, da kommt keiner rein, der hat zwei Luken. Und über die Luken kriegt man das Essen ausgegeben, so wie man es aus dem Film kennt, hätte ich fast gesagt.

Frank Nägler | 00:20:32 Und dafür ist dann auch der Bunkerwart zuständig gewesen?

Dominic Bauer | 00:20:34 Nein, auch die Leute, die kochen. Das wären auch wieder Schutzsuchende gewesen, die sich da bemühen dürfen.

Manuel Behrenbruch | 00:20:39 Gut, ich kann mir schon vorstellen, dass bei der Anzahl der Menge ist statistisch einfach alles dabei. Ich glaube, das ist gar nicht so unrealistisch. Das kann ich schon vorstellen, dass das funktioniert.

Frank Nägler | 00:20:47 Da hast du halt so Querschnitte in der Bevölkerung.

Manuel Behrenbruch | 00:20:50 Hat man alles dabei. Vielleicht nicht immer den Arzt, aber man wird ein Sanitäter, ein Rettungssanitäter dabei. Man wird vielleicht nicht unbedingt einen Koch haben, aber einer, der vielleicht in der Küche arbeitet. Oder manchmal reicht es ja auch einfach schon, dass Leute ein gutes Selbstbewusstsein haben und ein gutes Auftreten haben und sagen so, alles hört auf mein Kommando, ich übernehme jetzt mal den Bereich. Die braucht man ja auch, die Leute.

Dominic Bauer | 00:21:07 Obwohl sich irgendwie alles geregelt haben. Das ist am Ende der Plan gewesen. Irgendwie klappt das schon.

Manuel Behrenbruch | 00:21:12 Du hast eben was von Schleusen gesagt. Das diente wahrscheinlich alles dazu, dass es auch für ABC-Gefahren irgendwie vorbereitet war. Wie hat man sich da vorbereitet?

Dominic Bauer | 00:21:21 Ja, also man hat zu den Schleusen selber, erste Stufe der Schleuse ist immer ein verwinkelter Zugang gewesen. Das stammt so ein bisschen aus der Erfahrung Erster Weltkrieg, wo man dann angefangen hat Schützenkreben auszuheben und man gerade Schützenkreben ausgehoben hatte ohne Winkel drin. Da hat man sehr, sehr schnell sehr große Probleme gekriegt bei Granateneinschlägen, weil die sehr weitreichend gewirkt haben. Und so ist man schnell auf die Idee gekommen, wir machen 90 Grad Winkel in die Schützengräben rein. Die Druckwelle läuft sich dann extrem schnell tot und macht keine Probleme mehr. So ist auch der Zugang in den Bunker aufgebaut und eine Zivilschutzanlage aufgebaut. Man hat einen verwinkelten Zugang. Idee war immer möglich, zwei Winkel zu haben, also zweimal 90 Grad Kurve drin zu haben. Dann kommt die äußere Schleusentür.

Frank Nägler | 00:22:05 Das haben wir auch eben beim Reingehen schon gemerkt.

Manuel Behrenbruch | 00:22:07 Fühlt sich so labyrinthmäßig an.

Frank Nägler | 00:22:09 Ja, genau.

Dominic Bauer | 00:22:10 Äußere Schleusentür dann für den äußeren Abschutz oder Abschottung. Innere Schleusentür für die innere Abschottung. Das Bauwerk ist aber mit leichtem Überdruck gefahren, dass von außen keine Gefahrstoffe eindringen können. Ja, und dann wird halt geschleust. Der Plan war immer die äußere Schleusentür auf, die ersten 50 bis 100 Leute, je nachdem, wie groß die Schleuse ist, in die Schleuse rein, äußere Tür wieder zu, innere Tür auf, Leute rein und dann die nächste Runde, um zu verhindern, dass wenn draußen jetzt die Bombe doch hochgeht, dass irgendwas in den Bunker durchschlägt und die schon im Schutzraum sind, dann auch noch gefährdet werden.

Manuel Behrenbruch | 00:22:42 Bunkertür ist gut, also das ist ja... Das ist... Wir sind ja eben durchgegangen. Also ich wäre eigentlich gerne noch ein bisschen langsamer durchgegangen, um das alles anzuschauen.

Frank Nägler | 00:22:50 Ein Stahlschott eher.

Manuel Behrenbruch | 00:22:51 Also es ist ja schon ein sehr, sehr imposantes

Dominic Bauer | 00:22:53 Tor. Ja, Stahltor, ja. Ausgelegt für neuen Baddruck. Überdruck, ja.

Manuel Behrenbruch | 00:22:58 Und hydraulisch geöffnet.

Dominic Bauer | 00:22:59 Hydraulisch bedient, genau.

Manuel Behrenbruch | 00:23:01 Okay, weil das ist schon imposant. Also wenn man die Möglichkeit hat und wie gesagt, ihr bietet ja Führungen an. Also das ist schon was, was man sich auch mal live... Auf jeden Fall. Die funktionieren auch noch, oder?

Dominic Bauer | 00:23:09 Wir haben eine funktionierende, genau.

Manuel Behrenbruch | 00:23:10 Die auf und zu gehen.

Dominic Bauer | 00:23:12 Das war's. Der Rest ist alt.

Manuel Behrenbruch | 00:23:16 Aber ist noch da, also man kann es ja sehen. Die sind ja auch so gewölbt wahrscheinlich, um die Druckwelle dann besser abzufedern. Macht schon einen Eindruck.

Frank Nägler | 00:23:24 Aber wie kommt denn hier frische Luft rein? Also ich meine, wenn das Überdruck heißt, dass die Luft nach draußen drückt, aber wie kommt die frische Luft denn hier wieder rein?

Dominic Bauer | 00:23:34 Wir haben ein ausgeklügeltes Lüftungskonzept, was standardgemäß immer so anfing, dass man gesagt hat, wir haben einen Sandfilter mit gesiebten Sand, der nach Korngröße eingefüllt wird. Die Idee dahinter sind zwei große Funktionen. Das eine ist, dass atomare Strahlung ja nur an Partikeln anhaften kann. Das heißt, wenn ich die Partikel rausnehme aus der Luft, dann strahlt ja auch nichts mehr. Und danach kommt ganz klassisch der gute alte ABC-Filter, also der Aktivkohlefilter, der dann alle bekannten chemischen und biologischen Kampfstoffe rausfiltern kann, wie man es im Zweiten Weltkrieg auch hatte. Nachteil an den ganzen Sachen ist nur, die können keinen Kohlenmonoxid filtern, was bei einem Brennnetz halt schlecht ist. Aber sie sind zumindest für die Gefahrstoffe ausgelegt. Deswegen ist das hier quasi auch, kann man sagen, ein Einwegbunker. Denn wenn wir einmal den Schutzfall hatten, dann kann man da auch niemanden mehr reinschicken, der den Sand einmal rausschaufelt.

Frank Nägler | 00:24:31 Ah, ja natürlich. Muss man ja drüber nachdenken.

Dominic Bauer | 00:24:36 Das ist halt das große Problem. Und natürlich von der Filterleistung her. so ausgelegt, dass es halt den Notstromdiesel und die Menschen hier 14 Tage mit sauberer Luft versorgen kann. Danach würden die Filter erschöpft sein. Das heißt, man muss hoffen, dass nach 14 Tagen nicht noch mal eine zweite Bombe fällt, weil das geht sonst schief.

Manuel Behrenbruch | 00:24:55 Du hast ja Notstrom gesagt, also das wäre jetzt noch der Ende der Fragen gewesen. Also das war dann völlig autark auch in der Stromversorgung und hier gab es auch dann entsprechende Vorräte an Kraftstoff.

Dominic Bauer | 00:25:03 Genau, wir haben entsprechend Kraftstoff vorrätig gehabt. Wir haben in der Anlage hier zumindest das Glück, dass wir zwei Bunker aneinander liegen haben. Das heißt, wir haben auch ein Backup für den Notstrom. Diese sollte ja nicht mehr funktionieren. Dann kann man über den Nordteil noch versorgt werden. Andere Anlagen haben das Glück, dass man dann um sein Leben kurbeln darf.

Manuel Behrenbruch | 00:25:20 Das wollte ich gerade sagen. Ich habe mal eine Führung mitgemacht. Ich meine, auch das war bei euch. Da war so, da musst du... immer jemand kurbeln.

Dominic Bauer | 00:25:25 Genau, das kommt immer drauf an. Zum Beispiel Zivilschutzanlage Holstenstraße ist das beste Beispiel. Die hat halt nur einen Notstromdiesel drin. Sollte der ausfallen, haben sie dann noch 36 Handkurbellüfter. Wo dann 36 mal zwei Leute dann den Schutzzeitraum um ihr Leben kurbeln dürfen.

Manuel Behrenbruch | 00:25:43 Im wahrsten Sinne. Gibt es noch, ich habe noch so ein paar Gedanken, die mich interessieren, auch zur Bevölkerung und so, aber gibt es zu dem Bunker an sich noch irgendwie ein paar? Vielleicht auch spannende Fakten, wo du sagst, oder haben wir es ausführlich beschrieben? Oder gibt es noch mehr?

Dominic Bauer | 00:25:58 Ja, das haben wir eigentlich, würde ich sagen.

Manuel Behrenbruch | 00:26:00 Es gibt ja auch Bunker, die haben irgendwie auch Vorbereitung für, ich will jetzt nicht sagen, kleine Operationen, aber du hast ja gesagt, medizinisch war das nur erste Hilfe. Duschen gab es nicht. Es gab was zum Liegen und es gab was zum Sitzen. In so eine Richtung Unterhaltung ist jetzt das falsche Wort, aber gab es da irgendwie Gedanken? Weil irgendwann fällt einem ja auch die Decke auf. Kopf. Also ist ja auch für die Stimmung wichtig. Gab's da irgendwie?

Dominic Bauer | 00:26:23 Nein. Also zu lesen gab's ja gar nichts. Spiele gab's auch keine. Ja,

Manuel Behrenbruch | 00:26:26 also ernst gemeinte Frage.

Dominic Bauer | 00:26:27 Gibt's gar nichts, weil man gesagt hat, ihr sollt hier primitiv überleben. Oder primitivst überleben ist das Zauberwort gewesen. Und das ist alles, was man halt nicht braucht zum Überleben. Wir haben hier so eine wunderschöne Decken bekommen, die ihr auch bekommen hättet hier, um euch zuzudecken, beziehungsweise bei der geplanten Temperatur von 30 Grad bei 90 Prozent Luftfeuchtigkeit eher, um sie unter euch zu legen im Bett, um nicht im Schweiß des Vorgängers zu liegen. Hätte man dann einen Text dabei gehabt von der Bundesbahn, der dann damit endet, dass man sich freut, dass man auch nach der Reise gerne diese Decke noch weiter auf dem Balkon oder Terrasse weiter nutzen möchte. Wobei ich nicht weiß, ob das 14 Tage so gesund ist, wenn man weiß, dass die Existenz gerade verdampft ist. Aber zumindest sind die hier in Anlage.

Manuel Behrenbruch | 00:27:11 Wie war das denn für die Bevölkerung? Also man kann ja auf der einen Seite sich über einen Bunker freuen und sagen, ich fühle mich sicher, es gibt Bunker. Aber auf der anderen Seite kann so ein Bunker ja auch Angst machen. Weißt du, wie das in der Bevölkerung so wahrgenommen wurde?

Dominic Bauer | 00:27:22 Die direkte Wahrnehmung kann ich nicht sagen. Was auf jeden Fall klar war, man hat das jetzt nicht in die große Glocke gehangen.

Manuel Behrenbruch | 00:27:28 Achso, man hat jetzt nicht damit geworben. Man kann ja auch sagen, liebe Hamburger, ihr seid sicher.

Dominic Bauer | 00:27:32 Man hat gesagt, wir machen was für euch. In die Richtung. Und wer aufmerksam durch Hamburg gelaufen ist, konnte das sehen. Die Zivilschutzanlagen hatten alle so eine schwarze Tafel an der Tür hängen, wo dann draufsteht, welche Anlage das ist. Und ganz wichtig auch zu wissen, falls diese ganze Vorbereitungskette versagt hat, wo man denn auch dann die Schüsse bekommt, bei welcher Polizeiwache, im Zweifelsfall. Und die waren eigentlich sichtbar gewesen.

Frank Nägler | 00:27:59 Ich glaube, zu der Zeit hat man sich wahrscheinlich auch selber damit beschäftigt und wusste, wo der nächste Bunker ist.

Dominic Bauer | 00:28:05 Ich denke,

Frank Nägler | 00:28:05 das ist auch so.

Dominic Bauer | 00:28:07 Und ich sag mal, es gibt einen Reporter aus Harburg, der hat damals in den 80ern ein Buch geschrieben, wo bitte geht es zu meinem Bunker. Der hat das Bezirksamt Harburg ordentlich genervt, ein halbes Jahr lang und wollte wissen, wo sein Schutzplatz ist. Und hat eigentlich nur Ausreden bekommen als wirklich ernsthafte Aussagen. Also man wollte das nicht gerade so an die große Glocke hängen und das bekannt machen. Man hat mal eine Zeit lang den Sonnenbunker mal für zehn Tage in Dortmund mal öffentlich oder geöffnet. Hat dort mal, ich weiß gar nicht wie viele Leute das waren, reingepackt. Hat den mal zehn Tage dann dort... mal so Bunkerfeeling leben lassen, ob das so funktioniert hätte im Ernstfall. Wobei das natürlich nicht repräsentativ ist. Die haben zweimal am Tag warmes Essen gekriegt, zweimal kamen die Post, hatten Zeitungen zu lesen und wussten am Ende, wenn sie rauskommen nach zehn Tagen, regnet es draußen höchstens. Also was da wirklich präsentativ ist, nicht wirklich.

Frank Nägler | 00:28:59 Das heißt auch, dass die Stadt damals eher sich in Schweigen gehüllt hat, anstatt die Bevölkerung zu beruhigen, so nach dem Motto, wir haben hier was?

Dominic Bauer | 00:29:08 Ja, genau. Also wir haben was, wurde schon gesagt, aber lieber nicht, wie viel man hat. Das wäre, glaube ich, peinlich geworden.

Frank Nägler | 00:29:15 Wollen wir wieder bei den 5% oder was du vorhin gesagt hast?

Manuel Behrenbruch | 00:29:20 Also gab es auch keine Übungen in dem Sinne, dass man mit der Bevölkerung das mal durchgespielt hat, mal trainiert hat.

Dominic Bauer | 00:29:26 Also das war im Wesentlichen ein großes, großes schwarzes Tuch, hätte ich fast gesagt.

Manuel Behrenbruch | 00:29:31 Und dann gibt es in Hamburg ja auch noch die ganz andere Art von Bunker. Wir sind ja jetzt gerade in, heißt das Tiefbunker? Das ist Tiefbunker, ja. Genau, und dann gibt es ja in Hamburg auch noch Hochbunker.

Dominic Bauer | 00:29:38 Genau.

Manuel Behrenbruch | 00:29:39 Die haben eine andere Aufgabe gehabt, eine andere Funktion?

Dominic Bauer | 00:29:42 Ja, im Prinzip die gleiche Funktion, Schutz der Bevölkerung in Zeiten des Zweiten Weltkriegs, die aber dann eben schwerpunktmäßig in den großen Wohngebieten gebaut. Das heißt also viele Menschen schnell schützen. Gab es auch unterschiedliche Modelle, die man gefahren hat. Es gab öffentliche Bunker, wo man mit Ausweis reingehen konnte. Es gab welche, die waren mit reservierten Plätzen, wo du nur mit dem Berechtigungsschein reingekommen bist.

Manuel Behrenbruch | 00:30:03 Achso, das gab es auch.

Dominic Bauer | 00:30:05 Und es gab auch Mutter-Kind-Bunker, wo nur Mutter und Kinder rein durften. Die ging dann abends... in die Bunker rein, haben dort übernachtet und am nächsten Morgen dann zur Arbeit gegangen, weil man wollte, dass die Frauen durchschlafen, damit sie am nächsten Tag auch arbeitsfähig sind. Das hat man auch eine Zeit lang noch versucht. Das ist aber dann alles auch immer später, es wurde im Krieg aufgeweicht worden, sag ich mal, weil man natürlich das Problem hatte, man muss die Bevölkerung einfach schützen. Und das ging halt irgendwann einfach nicht mit den Aufteilungen. Und natürlich die Luftschutzkeller, die natürlich mehr Schein als sein waren, sag ich jetzt mal.

Manuel Behrenbruch | 00:30:35 Also die Privaten dann quasi? Das haben ja manche Leute auch in ihrem Haus.

Dominic Bauer | 00:30:38 Genau, die im Keller, die Privaten, die waren ab 1934 vorgeschrieben für Neubauten, die mussten gebaut werden, als einfache Behelfsmaßnahme. War man auch klar, aber man schafft es nicht. Adolf Hitler wollte gerne, dass jeder Volksdeutsche einen bombensicheren Schutzplatz bekommt, was, ich will jetzt nicht sagen utopisch war, aber weder von den Ressourcen her und von der Manpower her. noch überhaupt von der Ausstattung der Anlagen. Die Anlage hier hat jetzt Außenwände von 3,75 Meter Richtung Erdreich, um die Druckwelle einer Bombe abzuhalten. Die Definition ist hier Sprengkraft einer 1.000 Kilo Bombe. Das war die bekannte Bombe, als man die Anlagen hier geplant hat. Dann gab es plötzlich die 5.000 Kilo Bomben. Und dann gab es den Torboy. Der konnte schon mehrere Meter Stahlbeton durchschlagen. Selbst diese Anlage war während des Krieges schon nicht mehr bombensicher. Und heute sowieso nicht. Es ist eine reine Zivilschutzanlage. Was gerne auch immer gesagt wird, Atomschutzbunker ist es halt überhaupt gar nicht. Die Definition lautet, der Volltreffer einer 1 Megatonnenbombe muss das Bauwerk standhalten. Das sind 58 Rochemer-Bomben zum Vergleich. Und das heißt, wenn man hier am Hauptbahnhof so ein Ding direkt auf den Boden hochgeht, haben wir gerade 400 Meter Durchmesser, 100 Meter Tiefe. Das Bauwerk ist 80 Zentimeter unter der Straße. Also da bleibt ja auch nicht viel über. Das muss man einfach ganz realistisch sagen. Und ich meine, wenn man an die aktuelle Zeit guckt in die Ukraine, wenn man da ein bisschen die Berichte verfolgt, da sind vergleichbare Anlagen wie hier, Luftschutzanlagen, gebaut worden. Die sind da einfach locker von einer ganz normalen Rakete durchschlagen worden. Als hätte es da nichts gegeben. Also Schutz ist sowieso fraglich in diesen Anlagen.

Manuel Behrenbruch | 00:32:20 Das bietet wahrscheinlich einen psychischen Schutz auch, man hat das Gefühl etwas zu tun und nicht tatenlos zu sein. Und natürlich auch einen Splitterschutz.

Dominic Bauer | 00:32:28 Ja klar, Spilterschutz auf jeden Fall, aber es sollte halt möglichst keinen Nahtreffer geben oder einen direkten Treffer geben. Das wäre für die Anlagen fatal und für die Leute drin natürlich. Also das ist das große Thema, glaube ich, worum es da am Ende geht.

Frank Nägler | 00:32:42 Ich glaube auch die meisten Hochbunker, die es zumindest in Hamburg gibt, werden ja eher umgebaut zu Wohnraum oder wie jetzt der große Bunker auf dem Heiligen Geistfeld. zu Eventlocation und sowas. Und ich meine mal gehört zu haben, weil der Abriss zu teuer wäre.

Dominic Bauer | 00:33:01 Ja, bei dem auf jeden Fall. Und ansonsten, unsere Innenminister haben sich 2007 ja zusammengesetzt, haben beratschlagt in der Innenministerkonferenz und gesagt, naja, Europa ist befriedet, es wird nie wieder Krieg geben auf europäischem Boden. Wir brauchen den Zivilschutz nicht mehr. Der wurde 2007 aufgehoben. Dementsprechend haben wir heute auch keine Schutzmöglichkeiten mehr für die Bevölkerung in Deutschland. Man überlegt ja wieder was zu tun, aber...

Manuel Behrenbruch | 00:33:23 Aber würde denn der Bunker, du hast ja eben schon gesagt, die Bombentechnik hat sich auch weiterentwickelt, würde so ein Bunker denn in der heutigen Lage noch irgendeinen Schutz bieten, außer dem psychischen und dem Splitterschutz?

Dominic Bauer | 00:33:32 Also ich glaube, der Splitterschutz ist tatsächlich der wesentliche Punkt. Überlegung vielleicht auch Katastrophenschutz, also wenn wir jetzt mal Hochwasser haben, hier mal Leute temporär unterbringen. Das wären sicherlich Maßnahmen, wofür er gut ist, aber für viel mehr glaube ich auch nicht. Und gut, man könnte jetzt noch hoffen, dass biologischer und chemischer Schutz noch möglich ist. Und Atomacherschutz gegen Atomacherstrahlung, wobei da immer die Frage ist, was nützt mir das Ganze, wenn ich nach 14 Tagen raus muss.

Manuel Behrenbruch | 00:33:58 Ja, das habe ich mich immer gefragt. Also auch ein Bunker auf 30 Tage ausgelegt, was ist denn mit Tag 31?

Dominic Bauer | 00:34:04 Dann soll es eigentlich gut sein. Es gibt Forschung aus Nagasaki und Hiroshima, wo die Amerikaner natürlich logischerweise Forschung betrieben haben, um die Wirkung der Bombe auch langzeitig zu testen. Es gibt ja heute auch noch das Institut, was sich mit der Strahlenkrankheit beschäftigt, über die Generationen hinweg in Japan. Und da ist halt rausgekommen, so nach 21 Tagen ist das weitestgehend unbedenklich, die atomare Strahlung. Achso. Das meiste verpufft in der Atmosphäre.

Frank Nägler | 00:34:34 Das ist dann nur, wenn man langfristig sich in dem Raum noch aufhält.

Manuel Behrenbruch | 00:34:37 Also man geht quasi dann raus aus dem Bunker und geht schnell weg.

Dominic Bauer | 00:34:41 Genau, so 36 Stunden, wie gesagt, hat man nach 14 Tagen.

Manuel Behrenbruch | 00:34:44 Verstehe.

Dominic Bauer | 00:34:44 Die Flucht zu ergreifen, wo auch immer man dahin muss. Die Hoffnung war, irgendeiner kann das noch mit. mitteilen, wo das denn hingeht. Okay. Vielleicht.

Manuel Behrenbruch | 00:34:54 Hast du noch über den, oder ihr als Verein vielleicht auch als Verein Hamburger Unterwelten, noch Anekdoten, die irgendwie mit dem Bau auch zu tun haben? Gibt's da noch irgendwas? Also ich hab zum Beispiel eine Anekdote fest, die fällt mir fast selber ein. Die Sitze hier drin haben Sicherheitsgurte.

Dominic Bauer | 00:35:09 Ja, die guten alten Sicherheitsgurte, genau, die hier reingekommen sind. Und dafür schon fast gar nicht mehr sagen, welche Firma das war. Die in der Nähe von Hamburg sitzt, die kurz vor der Pleite war und einen guten Vertreter hatte, das Bezirksamt besabbelt hat und gesagt hat, ihr müsst euch anschnallen, ihr müsst die Leute anschnallen, ihr müsst nicht vom Sitz fallen. Wenn das Bauberg sich bei Nahtreffern bewegt, Sinn machen die zwar keine, aber die Firma war saniert, die gibt es heute noch. Wir hatten die tatsächlich vor vier Jahren bei uns im Bunker gehabt, auf einer Führung, auf einer Weihnachtsfeier. Und die haben uns die Story zuerst erzählt, also da muss auf jeden Fall was dran sein, so ganz abwegig ist das wohl nicht.

Manuel Behrenbruch | 00:35:42 Also ich bin ja selber Vertriebler und ich finde das spannend.

Frank Nägler | 00:35:46 Ja, ich weiß, du würdest auch irgendwie Pinguinen noch eine Decke verkaufen. Nee,

Manuel Behrenbruch | 00:35:50 nee, ich verkaufe Menschen nur das, was sie auch wirklich brauchen, aber das ist schon ordentlich. Also hier diese Gurte da irgendjemanden.

Dominic Bauer | 00:35:55 Also es ist halt der Einzelne, der wirklich Gurte hat, Sinn macht es ja halt keine. Ich lasse es noch bei den Betten gelten, okay. Wenn du da dann im vierten Stock oben liegst.

Manuel Behrenbruch | 00:36:02 Wenn ich rausfällt.

Dominic Bauer | 00:36:03 Wenn du da rausfällst, das wäre natürlich sehr suboptimal.

Manuel Behrenbruch | 00:36:06 Gibt es sonst noch irgendwelche Besonderheiten?

Dominic Bauer | 00:36:08 Ja, mir fällt gerade noch was ein. Man hat ja solche Anlagen im Zweiten Weltkrieg nicht ohne Hintergedanken gebaut. Man hat ja überlegt, wie können wir die Anlagen auch mal weiter nutzen. Das macht ja keinen Sinn. Wir bauen hier Bunker und wenn wir den Endstieg erreicht haben, dann verfallen die oder sowas. Wenn ihr reingekommen seid, ist euch sicher aufgefallen, oben der dritte Stock ist höher als die anderen Stockwerke.

Manuel Behrenbruch | 00:36:28 Von der Deckenhöhe.

Dominic Bauer | 00:36:29 Von der Deckenhöhe,

Frank Nägler | 00:36:30 genau. Mir ist das aufgefallen,

Manuel Behrenbruch | 00:36:31 weil du sehr groß bist.

Frank Nägler | 00:36:32 Richtig, weil ich mir fast den Kopf gestoßen hätte.

Manuel Behrenbruch | 00:36:34 Ah, okay.

Dominic Bauer | 00:36:35 Ja und der Witz ist, man hat tatsächlich überlegt, nach dem Endsieg das Bauwerk so weiter zu nutzen, dass ja rings um die Alster sollten Hotels entstehen, wo dann die Gäste für Hamburg mit der Bahn halt ankommen. Und irgendwo mussten ja die ihre Koffer auch hinbringen und die sollten sie nicht selber tragen. Und das sollte hier der Beginn einer Gepäckförderstrecke sein, die einmal um die Alster führt. Nein. Ja, das war mal so eine ganz verrückte Idee gewesen. Und deswegen hat man den oberen Stock höher bauen müssen, damit man schon mal vorgeplant hat, damit man die Anlage auch reinkriegt.

Frank Nägler | 00:37:02 Das ist ja eine witzige Strecke.

Manuel Behrenbruch | 00:37:03 Spannend, ja, das wusste ich. Das wusste ich tatsächlich auch nicht. Aber gab es denn, aber ich sehe es ja, dass es keinen anderen Nutzen gibt, weil es ist ja immer noch ein Bunker, oder gab es irgendwie eine Nachnutzung?

Dominic Bauer | 00:37:12 Es gab mal eine Zeit lang, in der Zeit zwischen 1945 und 1963 mal eine weitere Nutzung. Das war einmal zeitlang als Hotel genutzt, Hotel und Restaurant. Da gibt es ein ganz berühmtes Bild von mit der Speisekarte dran.

Manuel Behrenbruch | 00:37:29 Also außen am Bunker hing eine Speisekarte?

Dominic Bauer | 00:37:30 Genau, an unserem alten Eingang, da hing eine Speisekarte dran. Und dann wurde sie danach genutzt, um hier Fresspakete auszugeben für Menschen aus der sowjetisch besetzten Zone. Da war die große Idee dahinter gewesen, nochmal vier Kilo schwere Pakete für die Leute auszugeben. Die Nachweise konnten, dass sie aus der sowjetisch besetzten Zone gekommen sind oder dass sie mit einer Bahn da hinfahren. Die konnten sich dann so 30 Tonnen Lebensmittel im Monat raus. Und das hat man eine ganze Zeit lang durchgeführt bis Mitte der 50er Jahre tatsächlich noch. Also ein bisschen Nachnutzung hatte man hier schon. Ja,

Manuel Behrenbruch | 00:38:05 okay.

Frank Nägler | 00:38:06 Immerhin eine Nutzung. Ja.

Manuel Behrenbruch | 00:38:08 Frank, haben wir noch Fragen? Ich glaube, wir haben einen ganz guten Blick schon über den Bunker jetzt bekommen, über Zivilschutz.

Frank Nägler | 00:38:15 Ich hätte auch gerade vielleicht nochmal irgendwie auch in die heutige Zeit geopolitische Situation gedacht. Inwiefern können die Bunkeranlagen auch in Zukunft noch genutzt werden oder ist das eher

Dominic Bauer | 00:38:29 Die Frage ist nicht, ob die noch genutzt werden können. Spannende Frage ist ja, was... Was soll damit passieren? Das ist ja der große Knacksus. Ist auch das, was wir in den Führungen bei uns ganz massiv merken. Sind die Leute doch bis vor zwei Jahren rein aus Neugierde, wie sieht so ein Bauwerk von drinnen aus, reingekommen? Hat sich das jetzt doch in die Richtung geändert? Okay, können wir uns eigentlich jetzt noch schützen hier in Deutschland oder wie sieht die Situation aktuell aus in Deutschland? Aktuell sieht es so aus, dass unsere Bundesregierung jetzt dieses Jahr endlich mal einen Beschluss gefasst hat, dass sie gesagt hat, wir... wollen mal bis 2028 1% der Bevölkerung wieder Schutzplätze bieten. Und zwar an möglichst frequentierten öffentlichen Gebäuden. Man hat ja mal in der NATO beschlossen, dass man 100 Milliarden ausgeben möchte für militärische Ausgaben, wovon 1% genutzt werden.

Manuel Behrenbruch | 00:39:25 Für den Zivilschutz dann?

Dominic Bauer | 00:39:26 Ne, allgemein für militärische Ausgaben. Und die sollten dann 1% davon für den Zivilschutz vorgesehen werden. Das sind diese 10 Milliarden Euro, die immer mal wieder so in den Medien rumschweben. Und da hat man sich aber damals oder vor zwei, drei Jahren dazu entschieden, das Geld wird gar nicht so für die Reaktivierung von Schutzanlagen genutzt, sondern man hat dafür zum Beispiel in Hamburg in den Flutgebieten Finkenwerder, Neugraben, die ganzen Ecken, die halt absaufen könnten bei einer Sturmflut, jetzt wieder massiv an Sirenen investiert und dafür das Geld halt ausgegeben, neue Katastrophenschutzfahrzeuge angeschafft. Dafür wurde das Geld tatsächlich dann im Wesentlichen verwendet. Das ist eigentlich auch das, was heute noch der große Weg ist. Und ja, ich sag mal, bis 2028 sehe ich noch kein Geld um irgendwelche Anlagen. zu ertüchtigen im Bundeshaushalt. Also ich glaube, das ist mal ein spannender Weg, wo das noch hingehen soll. Und ich meine, was auch bekannt ist, kann man ja am Rande auch erwähnen, ist natürlich die Frage auch, wenn man bei dem Thema ist, Hamburg laufen 95 Prozent der NATO-Lieferungen in den Osten über den Hamburger Hafen. Ich meine, im Zweifelsfalle ist klar, welcher Hafen zuerst erwischt wird. Das muss man halt auch so sehen.

Frank Nägler | 00:40:35 Aus taktischen Gründen, ja.

Dominic Bauer | 00:40:36 Natürlich. Und da ist das Thema Zivilschutz, denke ich, gerade in Hamburg ein wichtiges Thema.

Manuel Behrenbruch | 00:40:42 Vielleicht, um das Ganze nochmal abzuschließen, ihr bietet ja Führungen hier an. Vielleicht magst du so zum Ende unserer Folge nochmal ein bisschen was zu eurem Verein sagen. Also, was kann man bei euch sehen? Es gibt ja nicht nur die Führung hier. Erzähl doch nochmal vielleicht ein bisschen was über Hamburger Unterwelten.

Dominic Bauer | 00:40:58 Ja, wir sind ein relativ kleiner Verein, das ist vielleicht zu viel gesagt, ein mittelgroßer Verein mit 80 Mitgliedern. die sich das ganze Jahr alles ehrenamtlich machen, die Führung ehrenamtlich machen. Wir bekommen kein Geld von der Stadt. Also alles das, was wir hier anstandhalten und anstandhalten müssen, was unsere Aufgabe ist, machen wir rein aus den Spendengeldern, Eintrittsgeldern und den Mitgliedsbeiträgen. Machen wir mal den Steintorwahl hier zum Beispiel. Über unseren Fluchtungskonzept müssen beide Bunkerhäften auf 140 Meter Länge, drei Etagen, komplett beleuchtet werden. Wir sind gerade dabei, mit dem Denkmalamt zu sprechen. dass wir umrüsten dürfen auf LED-Beleuchtung. Das sieht auch gut aus. Wir haben schon im Vorab die Info gekriegt. Aber bisher haben wir so zwischen 8.000 und 10.000 Euro Stromkosten im Jahr. Wow,

Frank Nägler | 00:41:41 das ist schon ordentlich.

Dominic Bauer | 00:41:42 Dass alles noch gut alle Neonröhren sind. Und genau, wir zeigen neben dem Steintorwall, machen wir auch ganz bekannt den Schäffisch-Tunnel in Altona.

Manuel Behrenbruch | 00:41:53 Eisenbahntunnel.

Dominic Bauer | 00:41:54 Ein Eisenbahntunnel vom Hafen Altona hoch zum Bahnhof Altona. Und ja, sonst machen wir so zwei, drei kleine Stadtspaziergänge. Einmal Großrohrpost, das mache ich so ein bisschen mit. Geht um so eine Versuchsanlage aus den 60er Jahren, wo man gesagt hat, naja, so die Stadtrohrpostanlagen mit drei Zentimeter Innendurchmesser und vielleicht eine Büchse für fünf Briefen ist ein bisschen wenig, wenn wir das sehen, was geplant ist an Post. Wir gehen mal ein bisschen größer, machen mal 45 Zentimeter und transportieren 2000 Briefe mit einer Büchse. Das ist heute die Geschichte dazu. Und haben wir noch einen Kollegen, der macht noch so ein bisschen Geschichte zu Altona.

Manuel Behrenbruch | 00:42:29 Ah, das sind diese Stadtspaziergänge?

Dominic Bauer | 00:42:30 Das sind die Stadtspaziergänge und auf dem zeigt man dann auch nochmal einen kleinen Bunker aus den 60er Jahren, der als Probebunker nur gedacht war. Also wo man zum Beispiel Erkenntnisse gewonnen hat, wie zum Beispiel, dass so eine schwere Tür aus Beton, die die Bunkertür aus Stahl ersetzen sollte, mit knapp 900 Kilo einfacher einzubauen ist, wenn die Decke noch nicht gegossen ist.

Frank Nägler | 00:42:52 Wie viele Anlagen betreut ihr jetzt mit einem Bein?

Dominic Bauer | 00:42:55 Wir haben jetzt momentan drei Anlagen tatsächlich. Es wird auch immer schwieriger, was zu kriegen. Also das... Ja, das glaube ich. Eine aktuelle Situation macht das schwierig. Und ich sage mal, es hat auch einen Generationswechsel in den Behörden stattgefunden. Ich meine, unsere alten Vereinsmitglieder, die teilweise schon nicht mehr leben oder die auch keine Mitglieder teilweise mehr sind, die hatten ja noch über den THW, über den Katastrophenschutz, auch sehr enge Verbindungen, auch zu vielen Behördenmitarbeitern. Das ging dann mal auf kurzen Dienstweg, dass man zum Beispiel so viele Anlagen bekommen hat. Was wir natürlich machen, wo wir uns darüber freuen, ist natürlich, wenn jemand... der es vielleicht auch zuhört, mal bei sich zu Hause anfängt, im Garten zu buddeln und da ein bisschen Beton findet, gerne mal eine E-Mail an info.hamburger-unterwelten schreiben. Wir haben eine klasse Forschungs-und Dokumentations-AG. Die machen das sozusagen, die kommen dann vorbei mit Maßband und allem drum und dran und machen da eine richtig schöne Fotodokumentation davon.

Manuel Behrenbruch | 00:43:47 Das heißt, das passiert? Dass Leute was finden bei sich im Garten?

Dominic Bauer | 00:43:49 Genau. Wir haben den Dirk, Leiter unserer Forschungs-und Dokumentations-AG, der ist Architekt in Hamburg, der kennt natürlich viele andere Architekten. Und dann gibt es halt mal einen kurzen Anruf auf einen kurzen Weg und so, hey, wir haben ja was gefunden, wollt ihr mal rein?

Frank Nägler | 00:44:01 Und danach macht ihr eine Gartengeneralüberholung?

Dominic Bauer | 00:44:04 Wir gehen rein, wir gucken uns die Anlagen von innen an, messen die aus, machen eine Fotodokumentation, dann gibt es hinterher eine umfangreiche Dokumentationsmappe. Wir haben jetzt gerade zusammen mit Holborn in Harburg, haben wir gerade auch letztes Jahr eine Dokumentation gemacht von dem Salzgitterbunker, den sie dort haben. Das machen wir immer so ein bisschen. Also wir gucken, da müssen wir so ein bisschen was zusammen machen. Momentan ist in der Pipeline, das kann man auch schon mal vorankündigen, dass wir in der Mehrzweckanlage in Harburg-Rathaus eventuell Führung anbieten, wenn uns die Behörde lässt, in Kooperation zusammen mit dem Archäologischen Museum, die gerade eine Ausstellung macht. Da sind wir gerade dabei, das zu organisieren und ja, das machen wir so ein bisschen alles nebenbei ehrenamtlich in der Freizeit.

Frank Nägler | 00:44:49 Spannend, spannend.

Manuel Behrenbruch | 00:44:50 Super, auf jeden Fall. Ja, damit sind wir glaube ich am Ende. Ich fand das wirklich auch mal besonders interessant, mal nicht bei uns im Esszimmer zu sitzen. Das stimmt. Und in diesem spannenden Bunker zu sein. Dominik, ganz, ganz lieben Dank für deine Zeit.

Dominic Bauer | 00:45:03 Ja, danke, dass ich da sein durfte.

Manuel Behrenbruch | 00:45:04 Super viel gelernt, super viel erfahren. Ja, wir werden jetzt gleich den Bunker verlassen und vielleicht geht Dominik mit uns nicht den direktesten Weg raus, sondern... Wir sehen ja noch mal ein bisschen was.

Dominic Bauer | 00:45:14 Das kriegen wir hin.

Manuel Behrenbruch | 00:45:15 Das wäre cool. Also ganz herzlichen Dank an dich. Ja, und ich sage Tschüss.

Frank Nägler | 00:45:19 Ich sage auch Tschüss und auch von mir herzlichen Dank. War eine tolle Runde mit dir. Vielen Dank.

Dominic Bauer | 00:45:22 Danke euch. Ciao.

Veröffentlicht 24.09.2024 08:00
Dauer 01:45:46
Staffel 1 Folge 8
Gast Dominic Bauer
Hamburger Unterwelten e.V.
Statistisch soll jeder Schutzsuchende 17,4 Blatt Toilettenpapier pro Tag verbrauchen. Dominic Bauer